25|04|2024
Christina Kogelek
©Günter Menzel / FONDS professionell
Alexander Endlweber, Redakteur von FONDS professionell, möchte es genau wissen und hinterfragt kritisch, wie es am Immobilienmarkt weitergehen wird und welche rentablen Anreize es für Anleger tatsächlich noch gibt. Denn die Marktverwerfungen in der Immobilienbranche brachten das Projektentwicklungsgeschäft zum Erliegen. Anbieter von Bauherrenmodellen sind für das Jahr 2024 dennoch zuversichtlich. Unser Geschäftsführer Stefan Koller steht ihm dazu Rede und Antwort.
– redaktioneller Beitrag, Ausgabe April 2024
Zahlen und Fakten
Etwa 180 Millionen Euro war der österreichische Wohninvestmentmarkt im ersten Quartal 2024 schwer. Es sieht nach einem Aufschwung aus, denn im gesamten Jahr 2023 belief sich das Transaktionsvolumen nach Angaben des Maklerhauses CBRE nur auf rund 200 Millionen Euro. Die Zurückhaltung der Investoren und der damit verbundene Umsatzrückgang zeigen Wirkung: Die Spitzenrenditen von Wohnimmobilien stiegen laut CBRE von unter drei Prozent im Jahr 2021 auf 4,75 Prozent im ersten Quartal 2024. Das langweilige Wohninvestment wird also wieder interessant.
Investoren werden gute Chancen am Markt finden
Stefan Koller spricht im Interview über die aktuellen Herausforderungen und Chancen am Immobilienmarkt. Trotz Marktverwerfungen in der Branche sind Bauherrenmodelle weiterhin vielversprechend. Er betont die Bedeutung von Online-Marketing für Kundenakquise und beschreibt den Beratungs- und Investitionsprozess. Er erklärt, warum Investoren 2024 gute Chancen am Markt haben werden, trotz der aktuellen Marktschwierigkeiten. Als Lösung zu steigenden Wohnkosten sieht er die Förderung von Altbausanierungen, um das Wohnen wieder leistbar zu machen.
Wer investieren möchte, sollte bei Projektentwicklern achten, dass mit seriösen Kalkulationen gearbeitet wird. Dafür sollten realistische Werte und nicht optimistische Erwartungen angesetzt werden, ist sich unser Geschäftsführer sicher.
Stefan Koller im Interview mit FONDS profesionell
Das gesamte Interview hier zum Nachlesen oder per Download. Lesezeit ca 6 min
Zum ArtikelHerr Koller, welche Rolle spielen Vorsorgewohnungen noch in Ihrem Geschäft?
Wir haben gute Partnerschaften, wenn wir Vorsorgewohnungen für unsere Kunden brauchen. Allerdings gehen wir hier weniger in die aktive Bewerbung, weil das viele andere auch machen.
Wie hat sich die Nachfrage nach Anlegerwohnungen und Bauherrenmodellen entwickelt, nachdem der langjährige Immobilienboom durch die Zinsen beendet wurde?
Das Geschäft mit den klassischen Neubauwohnungen direkt vom Bauträger ist bis zum Sommer 2023 eingeschlafen. Bei sanierten und vermieteten Bestandswohnungen besteht eine gewisse Nachfrage, wenn der Preis fair ist. Bei den Bauherrenmodellen ist die Nachfrage im zweiten Halbjahr 2023 um ein Drittel geringer gewesen als 2022. Das sehen wir an den Daten unserer Internetkampagnen.
Sie akquirieren Ihre Kunden im Internet?
Das Internet bietet uns eine gute Bühne, auf der wir als kleine Firma den ganzen österreichischen Markt ansprechen können. Ich hätte es vor zehn Jahren nicht erwartet, aber deutlich mehr als 50 Prozent unserer Kunden kommen aus Leads, die wir über Onlinekampagnen generieren, zu uns. Die Herausforderung besteht darin, die Leads in Abschlüsse zu konvertieren. Denn kaum ein Anleger zeichnet am Ende das Bauherrenmodell online, da es eine individuelle Beratung erfordert.
Dauern die Entscheidungsprozesse länger als früher?
Ich würde sagen: mittlerweile nicht mehr. Die Zinsen werden wahrscheinlich nicht mehr steigen, und die Preisentwicklung deutet darauf hin, dass doch nicht alles billiger wird. Wir stellen seit Jahresanfang wieder eine sehr gute Nachfrage fest, allerdings kaum bei Anlegerwohnungen.
Wie nehmen Sie die Stimmung im Immobilienmarkt aktuell wahr?
Noch immer sehr negativ. Es haben doch einige noch Projekte mit Kalkulationen eingekauft, die jetzt nicht aufgehen, und bei denen man nicht recht weiß, wie man damit umgehen soll. Im frei finanzierten Neubau ist die Stimmung am schlechtesten, denn im Verkauf geht kaum etwas weg, während im Hintergrund die Finanzierungsvereinbarungen, die Projektentwickler oft nur für wenige Jahre haben, ablaufen. Besser ist die Stimmung – zumindest in unserem Partnerumfeld – bei Entwicklern mit einer guten Kapitalstruktur.
Wie geht es weiter? Rechnen Sie mit einer schnellen Markterholung in diesem Jahr?
Kein Projektentwickler rechnet damit, dass er 2024 wieder ganz viel verkaufen wird. Viele orientieren sich um und überlegen, zum Beispiel in die Altbausanierung zu gehen. Das ist für uns positiv. Wir erhalten regelmäßig Anfragen, ob wir nicht zusammen ein Projekt übernehmen wollen. Man kann aber nicht überall „Ja“ sagen und es ist auch nicht jedes Projekt für ein Bauherrenmodell geeignet. Allerdings gehen wir davon aus, dass Investoren heuer gute Chancen auf dem Markt finden werden.
Es will zwar keiner in der Immobilienbranche hören, aber beim Kaufen und Mieten stoßen immer mehr an Leistbarkeitsgrenzen. Wie bewerten Sie aktuell den gesamtwirtschaftlichen Kontext, zumal Kalkulationen und die ihnen zugrunde liegenden Erwartungen einen realwirtschaftlichen Hintergrund haben sollten?
Wir greifen dieses Thema aktiv auf! Denn die zu erwartende Verknappung am Wohnungsmarkt kann zu einem großen Problem werden. Die Kaufpreise und Mieten werden weiter steigen und folglich nur für eine kleine Gruppe zugänglich sein. Ich glaube, dass viele Mieter ihren Wunsch nach einem schönen, neuwertigen Eigenheim ein paar Jahre hintanstellen müssen. Ich gehe aber auch davon aus, dass es wesentlich mehr Bestandsentwicklungen, insbesondere in der geförderten Althaussanierung, geben wird. Das ist oftmals günstiger und – je nach Gestaltung – vermutlich auch attraktiver als der Neubau.
In Fachkreisen werden die teuer verkauften Vorsorgewohnungen aus Investorensicht kritisch gesehen, insbesondere wenn sie variabel verzinst fremdfinanziert wurden und die Einnahmenkalkulationen sehr optimistisch angelegt waren. Wie schätzen Sie die Risiken bei den Vorsorgewohnungen ein?
Die klassischen Vorsorgewohnungen sind in der Regel keine geförderten Immobilien. Hier sind also vielerorts sehr optimistische Marktmieten und Indexierungen kalkuliert worden. Die Mieten können jedoch nicht überall so stark anziehen, weil die Mieter nicht jeden Preis zahlen können. Deshalb werden viele Anleger in den nächsten Jahren vermutlich ein Problem bekommen.
Welche Lösung schlagen Sie für das Dilemma der steigenden Wohnkosten vor?
Die geförderte Altbausanierung ist ein Ansatz, um gesamtwirtschaftlich Entspannung zu bringen. In der Steiermark haben wir eine gesunde Förderstruktur, die Anfang 2023 sogar erweitert wurde. Ich wünsche mir, dass andere Bundesländer nachziehen. Bei den neuen Förderungen sind unter anderem zudem strengere Vorgaben in Richtung energieeffizienter und nachhaltiger Bauweise enthalten, was in der gesamtwirtschaften Betrachtung ebenfalls positiv zu sehen ist. Denn die Mieter zahlen rund ein Drittel weniger als bei frei finanzierten Wohnungen. So bleibt Wohnen leistbar.
Ohne Förderungen geht es nicht?
Das glaube ich nicht, weil das Anreizsystem fehlt. Deshalb fordert der Fachverband Immobilien schon länger steuerliche Anreize. Im Bauherrenmodell haben wir beides: Förderungen, die günstige Mieten erlauben, und steuerliche Anreize durch eine verkürzte Abschreibungsdauer. Es muss nicht immer beides geben, aber wenn es zusätzliche steuerliche Anreize gäbe, würde die Bereitschaft der Investoren steigen, zu investieren und günstiger zu vermieten.
Ich bin skeptisch: Bei Steuervorteilen ist es besonders attraktiv, teurer zu bauen, weil die Abschreibungen höher sind.
Das haben Sie recht. Das war vor einigen Jahren noch so. Das geht aber jetzt kaum mehr, weil sich die steuerlichen Rahmenbedingungen nicht verändert haben. Allerdings haben sich die Baukosten in den letzten zehn Jahren fast verdoppelt, die Erlöse aber nicht. Folglich muss beim Overhead gekürzt werden. Die Honorare und sogenannten Weichkosten eines seriösen Bauherrenmodells liegen nur noch bei zehn bis 15 Prozent und nicht mehr bei 20 Prozent aufwärts. Die Zeit, da Bauherrenmodelle nur wegen der steuerlichen Verlustzuweisungen gezeichnet wurden, ist vorbei.
Überteuerte Projekte können sich rächen, wenn der Förderzeitraum ausläuft und die Mieten im freien Wettbewerb stehen?
Korrekt, deshalb sollte man auf vorsichtige Planungsparameter achten. Da die Investoren zu Recht kritischer geworden sind, gibt es kaum noch solche Modelle.
Wie kann denn Bauen generell günstiger werden – ohne Berücksichtigung von Förderungen oder Steuervorteilen?
Allein nur Bauverfahren zu vereinfachen und zeitlich abzukürzen wäre ein Ansatz, weil dadurch weniger Vorfinanzierungskosten entstünden. Zudem glaube ich, dass wir den ausgesprochen hohen Qualitätsanspruch an Wohnraum überdenken sollten.
Mein Eindruck ist eher, dass trotz des billigen Geldes nicht höherwertiger, sondern so günstig wie möglich gebaut wurde, damit die Projektentwickler ihre Margen halten konnten. Überspitzt gesagt: Es wurde für 5.000 verkauft, aber nur für 2.000 gebaut.
Das mag in manchen Fällen so gewesen sein, aber mehrheitlich bestimmt nicht so extrem, wie Sie es darstellen. Wir bewegen uns zumindest bei Bauherrenmodellen im reglementierten Bereich, und hier gibt es klare Bauvorgaben. In der Steiermark müssen neue Projekte nun zusätzlich die „Klimaaktiv“-Zertifizierung erreichen, damit sie überhaupt eine Förderung erhalten. Das bringt aufgrund der höheren Anforderungen aber auch Mehrkosten von rund zehn bis 15 Prozent je nach Projekt.
ESG-konformes Bauen macht Wohnen also deutlich teurer?
Kurzfristig betrachtet ja, aber langfristig zahlt es sich aus, weil in der Vermietung etwa wegen der geringeren Energiekosten bessere Wettbewerbschancen bestehen.
Warum muss denn ökologisch orientiertes Bauen automatisch teurer sein?
Es liegt an der Kreativität des Projektentwicklers und des Architekten, die Maßnahmen zu setzen, mit denen aus dem Kriterienkatalog für die Zertifizierung die Mindestanforderungen erfüllt werden. Dabei geht es nicht nur um die Verwendung von speziellen Materialien, die teurer sind, sondern beispielsweise auch um Kleinigkeiten wie die Errichtung von Ladestationen für E-Autos. Bei nachhaltig ausgerichteten Immobilien lassen sich die höheren Kosten zurzeit nicht verhindern.
Aber wo sehen Sie den sozialen Aspekt, also das „S“ in ESG, erfüllt, wenn die ESG-konformen Wohnungen noch sehr viel teurer sind?
Ich glaube, dass der Impuls durch Förderungen noch stärker werden muss. Dadurch würde die Bereitschaft steigen, zu höheren Kosten nachhaltig zu bauen, wovon auch die Mieter durch die gedeckelten Mieten profitieren.
Worauf sollen Berater und Investoren in den Kalkulationen neuer Projekte achten? Was sind die Knock-out-Kriterien?
Eine seriöse Kalkulation zeigt klar auf, ob sich ein Projekt rechnet oder nicht. Dafür sollten realistische Werte und nicht optimistische Erwartungen angesetzt werden. Das betrifft die Finanzierung, die Einnahmenseite und vor allem die laufenden Bewirtschaftungskosten.
Konservative Prognoserechnungen sind im Wettbewerb ein Nachteil, weil die errechneten Renditen kleiner sind als bei der Konkurrenz. Deshalb gehen alle eher optimistisch an die Sache heran …
Das sehe ich nicht so. Erstens setzen wir in unseren Projekten vorsichtige Berechnungen an, und zweitens erklären wir unseren Investoren transparent die Kalkulationen. Außerdem machen die steuerlichen Rahmenbedingungen wie zum Beispiel die Liebhabereirichtlinien durchaus klare Vorgaben. Wer in ein Bauherrenmodell investiert, sollte das System für sich als geeignet beurteilt haben. Dass sich das meist – auch mit den Effekten durch Förderungen und Steuervorteilen – sehr gut rechnet, ist eine in sich klare Konsequenz.
Wie gehen Ihre Kunden damit um, dass die Renditen bei Ihnen geringer sind als bei der Konkurrenz?
Zufrieden sind die Kunden, deren individuelle Erwartungen erfüllt werden, und nicht die, deren Hoffnungen sich in Luft auflösen. Unsere Investoren werden dahingehend beraten, dass sie sich bewusst für das System und eine eher konservative Kalkulation zugunsten einer höheren Planungssicherheit und der Stabilität einer soliden Immobilie entscheiden.
Vielen Dank für das Gespräch.
Alexander Endlweber
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